Sehr geehrter Herr Paulowitsch, sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung, liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates, liebe Zuhörende,
eine Haushaltsrede in diesen Tagen zu schreiben und zu halten, das fällt nicht leicht. Die Bilder vom Krieg und vom Leid in der Ukraine beschäftigen uns und gehen uns nicht aus dem Kopf. Wir bleiben nicht unberührt, stehen den Ukrainern mit Hilfskonvois zur Seite, nehmen Geflüchtete auf und fühlen uns trotzdem hilflos. Wir suchen nach Lösungen, um Putin Einhalt zu gebieten oder ihn zum Umdenken zu bewegen. Wir stellen uns die Frage, wie sich dieser Krieg auf Europa, Deutschland, Kernen und jeden einzelnen von uns auswirken wird. Wir wissen es nicht. Aber zu resignieren und die Hände in den Schoß zu legen, bringt uns auch nicht weiter. Der Umgang mit Corona – seit zwei Jahren schränkt dieses Virus unser Leben teilweise massiv ein – zeigt, dass wir Krise können. Staatliche Maßnahmen, selbstverantwortliches und solidarisches Handeln haben Schlimmeres verhindert.
Hier möchten wir ausdrücklich allen Mitarbeitenden der Verwaltung und unserem Bürgermeister Herrn Paulowitsch ein dickes Lob für deren Engagement aussprechen. Sie haben in den letzten zwei Jahren besonderes geleistet. Sie haben Kernen gut und kompetent durch die Pandemie geschifft und darüber hinaus den komplexen Verwaltungsapparat am Laufen gehalten. Vielen Dank!
Bei einer weiteren Krise und deren Bekämpfung, der Klimakrise, sind wir in Kernen auf einem guten Weg. Wenn auch erst am Anfang. Um nicht nur die Verwaltung, sondern ganz Kernen bis 2035 klimaneutral zu machen, hat der Gemeinderat dem Konzept “Bündnis Klimaneutrales Kernen“ mit überwältigender Mehrheit zugestimmt. Zusammen mit dem Gemeindeentwicklungskonzept wird die Bevölkerung bei diesem Thema mit einbezogen, für Arbeitsgruppen motiviert und so eine breite Basis geschaffen. Zusätzlich mit der interkommunalen Anstellung von Fachpersonal wie Klimaschutzmanager-/beauftragte ist dies sicherlich ein guter Ansatz für zukunftsweisende, zufriedenstellende Ergebnisse. Es gilt jetzt, das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen und nicht die Versäumnisse der Vergangenheit anzuprangern. Noch können wir größere Schäden, welche unsere Kinder und Enkelkinder auszubaden hätten, verhindern. Der Gemeinderat scheint dies erkannt zu haben. Vier gemeinsame Haushaltsanträge zu Klima- und Umweltschutzthemen verdeutlichen dies. Wir sind zuversichtlich, dass die Politik, und dazu zählt der Kerner Gemeinderat, die Maßnahmen und Anreize für eine dringend notwendige Energiewende schafft.
Wie wichtig es ist, zum Beispiel Investitionen in erneuerbare Energien oder Gebäudedämmung zu tätigen, zeigen uns die aktuellen Energiepreise und unsere Abhängigkeit von russischem Gas, Öl und Kohle. Herr Lindner nennt diese regenerativen Energien zwischenzeitlich sogar “Freiheitsenergien“. Vor nicht allzu langer Zeit wurden diese Energien noch, wie zum Beispiel in Verbindung mit Photovoltaikpflicht bei Neubauten, als Bevormundung oder Gängelung der Bürger abgetan. Der Ukraine-Krieg und den damit verbundenen wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen auf Kernen wird in unseren Augen auch Konsequenzen bei Gemeinderatsbeschlüssen nach sich ziehen. So wird noch vor der Beschlussfassung ein Augenmerk auf den Energieverbrauch bzw. der Nachhaltigkeit der zu beschließenden Maßnahme gelenkt werden müssen. Wenn Herr Paulowitsch in seiner Haushaltsrede davon spricht, dass „wir unsere Ansprüche erheblich zurückschrauben müssen und manch Wünschenswertes in die Zukunft vertagen werden“ so hat er vor einigen Monaten schon Weitsicht gezeigt. Aus aktuellem Anlass sollten jedoch alle geplanten und noch nicht ausgeschriebenen Projekte zeitnah nochmals genauer unter die Lupe genommen werden.
Wie bereits erwähnt: In Zeiten von Corona haben wir Solidarität und eigenverantwortliches Handeln gesellschaftsübergreifend eingeübt. Im Ukrainekrieg stehen wir zu den Menschen in der Ukraine und versuchen Flüchtenden mit vereinten Kräften Unterkunft zu bieten. In der Klimakrise können wir uns durch eigenverantwortliches und nachhaltiges Handeln solidarisch mit nachfolgenden Generationen und mit Kontinenten und Ländern zeigen, Ländern, die besonders unter den Folgen der Klimaveränderung leiden. Jede und jeder einzelne sollte seinen Lebensstil hinterfragen. Konsum- und Ernährungsverhalten, Wohnen, Flüge, Fahrten mit dem PKW usw. sollten unter dem Aspekt der Notwendigkeit und Nachhaltigkeit unter die Lupe genommen werden. Umso einsichtiger und konsequenter wir uns in unserem individuellen Handeln zeigen, desto weniger müssen von der Politik unpopuläre Entscheidungen getroffen werden. Trotzdem ist es unerlässlich, dass die Politik, dass Kernen, Anreize und Rahmenbedingungen schafft, damit wir in Zukunft das Leben in Kernen aktiv gestalten können und nicht nur noch am Reagieren sein werden.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Matthias Kramer, OGL Kernen