Wohlklingende und vielversprechende Beschlüsse hat der Gemeinderat in letzter Zeit gefasst: Beitritt zum Klimapakt Baden-Württemberg, Gemeindeentwicklungskonzept, Mobilitätskonzept, Bündnis für Klimaschutz, Klimaneutralität bis 2035, interkommunale Zusammenarbeit beim Klimaschutz und Einstellung von Klimaschutzbeauftragten. Aber was, wenn in den Köpfen von Menschen, die dem Wohl der Kommune verpflichtet sind und in der Verantwortung für kommende Generationen stehen, kein Umdenken stattfindet? Für was beschließen wir Konzepte, wenn an alten Denkmustern festgehalten wird, wenn es keinen Mut für Neues, für Visionen gibt. Wenn eigene Interessen im Vordergrund stehen, wenn demjenigen der am lautesten schreit Gehör verschafft wird und eigene Klientelpolitik betrieben wird? Wenn Expertenmeinungen ignoriert und Warnungen in den Wind geschlagen werden, an Altem und „Bewährtem“ festgehalten wird? Wenn auf Worte keine Taten folgen? Dann werden Konzepte zu zahnlosen Papiertigern, die geduldig in irgendwelchen Schubladen vergammeln. Solch ähnliches Verhalten habe ich bei der Diskussion des Gemeinderates zu den Radschnelltrassen erlebt. Dass PKWs, LKWs und Busse sich mit Fahrradfahrenden eine Straße „friedlich und sicher“ teilen können, das überstieg die Vorstellungskraft der Mehrheit des Gemeinderates. All die guten Argumente für eine Fahrradstraße durch die Max-Eyth-Straße und Willy-Rüsch-Straße, von Experten aus dem Landratsamt, von Verwaltung und Profis im Alltagsradeln (ProRad Kernen), wurden durch Mutlosigkeit und ein Festhalten an alten Denkmustern einfach beiseite gewischt. Wie soll eine Mobilitätswende herbeigeführt werden, wenn der alte Stauts Quo erhalten werden soll, wenn Gewerbetreibende, Gemeinderäte und Autofahrer nicht bereit sind „ihre“ Straßen mit anderen zu teilen? Wenn Parkplätze heilige Kühe und Fahrradfahrende Hindernisse sind? Konzepte machen doch nur Sinn, wenn Neues gewagt wird, und eine Wende bedarf der Änderung des Blickwinkels. Eine Veränderung der Gesellschaft braucht Visionäre, die Zukunft unserer Kinder und Enkel benötigt mutige Schritte nach vorn, mutige Schritte der Verantwortlichen! Und wie war es bei der Abstimmung über die Schnellradtrassen? Da wurde versäumt, unter dem Deckmäntelchen der Sicherheit für Radelnde, ein mutiges Zeichen für eine notwendige Mobilitätswende zu setzen. Die Einstellung „Radfahren ja, aber bitte nicht vor meiner Haustüre, Hofeinfahrt oder auf meiner Straße“ ist für mich rückwärtsgewandte Politik.
Trotz dieser Erfahrung bin ich zuversichtlich, dass der Gemeinderat in Kernen mehrheitlich die „Zeichen der Zeit“ erkennt und seinen verabschiedeten Konzepten zukünftig auch Taten folgen lässt.
Matthias Kramer