Krisen als Chance

Wer kann sich noch an die Anfänge von Corona erinnern? Die Straßen waren abends wie leergefegt. Nach der Arbeit bin ich auf dem Nachhauseweg von Waiblingen in 10 Minuten zwei Autos begegnet. Welch eine Ruhe, welch schönes Radfahrgefühl! Zwischenzeitlich ist wieder alles beim alten: Morgens kilometerweite Staus auf der B14/B29 vor dem Kappelbergtunnel (und dies trotz 9-Euro-Ticket), Choas auf der Waiblinger Straße im Berufsverkehr (Pkws die wegen LKWs und Bussen auf den Gehweg ausweichen), Lärm und Hektik in den Städten,… Und die Fahrradfahrenden müssen wieder schauen, wie sie zurecht kommen. Aber es tut sich was:

  • In Kernen hat sich die sehr aktive Gruppe „ProRad“ gegründet. Die Nutzer des umweltfreundlichen Zweirades machen auf sich aufmerksam. Sie wünschen sich eine sichere Fahrradinfrastruktur. Deswegen fand vor 10 Tagen in Rommelshausen die erste Fahrraddemo mit 140 Teilnehmenden statt.
  • Zusammen mit Bürgermeister und Vertretern des Gemeinderates wurden Ende April einige für Radfahrende gefährlichen Stellen in Kernen angeradelt und zusammen analysiert. Erste Kleinigkeiten wurden bereits verändert.
  • Eine Radschnelltrasse zwischen Schorndorf und Stuttgart soll gebaut werden.
  • Schorndorf beschließt eine Fahrradstraße durch ein Gewerbegebiet (der Kerner Gemeinderat hatte solches letztes Jahr leider noch abgelehnt).
  • Tempo 30 auf den Durchgangsstraßen Kernens und viele zusätzliche Fahrradabstellanlagen, sollen das Radeln in Kernen beliebter machen.
  • Der geplante PKW-Stellplatzschlüssel von nur einem Auto pro Wohnung bei der Hangweide und Abstellanlagen für PKWs am Rande des Wohnquartiers zeigen in welche Richtung die Mobilitätswende gehen soll.

Das Auto soll nicht, wie viele Kritiker solcher Maßnahmen behaupten, abgeschafft werden. Insbesondere ältere oder behinderte Menschen oder Menschen, die in ländlichen Gegenden wohnen, sind teilweise auf dieses angewiesen. Der deutschen liebstes Kind (insbesondere der FDP) wird nur weniger Vorrang als in der Vergangenheit eingeräumt werden. Die Klimakrise und der Krieg in der Ukraine mit einhergehender Energiekrise machen eine Stärkung des Fuß- und Radverkehrs, sowie den Ausbau des ÖPNVs unumgänglich. Wenn wir nicht noch tiefer in die Katastrophe schlittern wollen, dann müssen wir unsere Gewohnheiten ändern. Und dazu zählt auch eine deutliche Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs. Sei es Diesel, Benziner, Gas oder Elektro! Und die Lebensqualität muss nicht darunter leiden, im Gegenteil.

Matthias Kramer, OGL Kernen