Welche Assoziationen kommen Ihnen, wenn Sie über Friedhöfe nachdenken? Für mich ist der Friedhof ein Ort der Ruhe und der Erinnerung. Als Jugendlicher habe ich früher öfters mit dem Fahrrad meine Oma im Schwarzwald besucht. Auf dem Weg zu ihr suchte ich für die Vesperpausen Friedhöfe auf. Dort fand ich immer eine Sitzbank und die nötige Stille, um mich auszuruhen und neue Energie zu tanken.
Auch heute suche ich noch gerne Friedhöfe auf. Dort ist man abseits vom Alltagstrubel und die Zeit scheint für einen kurzen Moment still zu stehen. Außerdem bieten Friedhöfe meist viel Grün. Man könnte sie auch als Parkanlagen bezeichnen, welche der Tier- und Pflanzenwelt viel Lebensraum bieten (könnten). Denn wo sonst findet man alte Baumbestände, Gebüsche und Wiesen, eventuell sogar einen kleinen Teich, Mauern und eine Vielzahl von Blumen an einem Ort? Durch dieses Mosaik von vielen verschiedenen Biotoptypen sind beste Voraussetzungen gegeben, um unterschiedlichsten Pflanzen und Kleintieren ein Zuhause zu bieten. Zudem ist dieser Lebensraum besonders wertvoll, weil es hier nur selten größere Veränderungen gibt und sich deshalb ein stabiles Ökosystem ausbilden kann.
Und genau hier gilt es anzusetzen und manches neu zu denken. Sowohl für die Kommune, die für die Pflege der Grünanlagen verantwortlich ist, als auch für Bürgerinnen und Bürger, sowie Gärtnereibetriebe, welche sich um die Grabpflege kümmern. Muss es unbedingt ein artenarmer Zierrasen sein, der unnötig viele Male im Jahr gemäht wird oder wäre eine insektenfreundliche und dazu noch pflegeleichte Wildblumenwiese nicht schöner und besser (siehe Gemeinde Blumenthal)? Wie wird im Herbst mit Laub umgegangen? Wie und wann werden Büsche zurückgeschnitten, sind Rückzugsgebiete für Kleintiere, Insekten und Nistmöglichkeiten für Vögel vorhanden? Es gibt unzählbar viele Möglichkeiten, die Grünflächen eines Friedhofes ökologisch aufzuwerten. Dies gilt auch für die Grabanlagen. Hier kann man zum Beispiel auf torfhaltige Erde verzichten und heimische, mehrjährige und insektenfreundliche Stauden pflanzen. Die Gärtnereibetriebe können hierzu sicherlich wertvolle Tipps geben. Bei der Wahl der Urnen, des Sarges und dessen Innenauskleidung kann darauf geachtet werden, dass diese biologisch gut abbaubar sind (keine Lacke oder Kunstfasern), usw.
Fazit: Friedhöfe müssen keine toten Stätten sein. Ganz im Gegenteil. Friedhöfe können Vielfalt und Leben ausstrahlen. Wir müssen es nur wollen und diese in attraktive Lebensräume für heimische Flora und Fauna verwandeln. Der Gemeinderat, die Verwaltung und jeder einzelne kann dazu seinen Teil beitragen.
Matthias Kramer
PS: Mehr zu diesem Thema unter www.blühende-landschaft.de